Meeri - Hilfe Leutkirch e. V. - Tierauffangstation für Meerschweinchen und Kaninchen in Not 
             

Artgerechte Haltung 

Der Deutsche Tierschutzbund e. V. hat einen wunderbaren Flyer herausgebracht, auf dem alles Wissenswerte über die artgerechte Haltung und Ernährung von Meerschweinchen steht.

Diesen legen wir Ihnen wärmstens ans Herz!

Flyer Deutscher Tierschutzbund e. V. 

Wir gehen hier nochmals auf die großen Irrtümer mancher Halter ein und wollen für artgerechte Haltung sensibilisieren.

Irrtum Nr. 1: Meerschweinchen und Kaninchen kann man gut gemeinsam halten

Ein Grundsatz vorab: Meerschweinchen sind Gruppentiere; ihre wilden Verwandten leben in Harems mit einem Leitbock. Das heißt, Meerschweinchen dürfen niemals (!) alleine gehalten werden - das ist Tierquälerei. Richtig wohl fühlen sich Meerschweinchen ab einer Gruppengröße von vier Tieren. 
Leider gibt es immer noch Menschen, die ihr einsames Meerschweinchen mit einem Kaninchen vergesellschaften. Auch in vielen Zoogeschäften wird die Haltung eines Meerschweinchens mit einem Kaninchen als artgerecht deklariert. Doch Kaninchen und Meerschweinchen sind zwei völlig verschiedene Tierarten, und ein Kaninchen als alleinigen Partner für ein Meerschwein zu halten, ist nicht artgerecht. Beide Tierarten unterscheiden sich im Tagesrhythmus und in der Körpersprache; sie können nicht miteinander kommunizieren wie mit einem Artgenossen. Durch die unterschiedliche Körpergröße wird das Meerschweinchen außerdem meist vom größeren Kaninchen dominiert.

Irrtum Nr. 2: Meerschweinchen sind genügsam

Gemeinhin gelten Meerschweinchen als genügsame Haustiere, die auch in kleinen Gehegen gut gehalten werden können. Zu diesem Trugschluss könnte man kommen, wenn man Tiere in sehr kleinen Gehegen überwiegend ruhig sitzen sieht, aber solche Tiere sind entweder krank oder haben sich schon aufgegeben. Ein Meerschweinchen in einem ausreichend großen Gehege ist demgegenüber sehr bewegungsfreudig, wahrt aber gegenüber Artgenossen immer einen gewissen Individualabstand. Meerschweinchen drängen sich nur dann zusammen, wenn sie Angst oder aber einfach zu wenig Platz haben. Die Konsequenz ist, dass handelsübliche, kleine Käfige, die bequem in ein Kinderzimmer passen, als Meerschweinchen-Heim nicht taugen!


Ein sehr schöner artgerechter Eigenbau unserer ehemaligen Schützlinge Teddy, Becky und Donna.

 

Auch hier lässt es sich super aushalten! Auch hier lässt es sich super aushalten!




Die Mindestgrundfläche eines Geheges (Etagen nicht mitgezählt) sollte 2 m² oder 1 m² pro Tier betragen, aber wie immer gilt: Je größer, desto besser. Zusätzlich zum Gehege sollte man den Meerschweinen Auslauf in der Wohnung oder im Freien bieten. Am besten baut man sich ein Gehege selbst, da Käfige aus dem Handel meist zu klein sind. Umgebaute Aquarien, Vivarien oder alte Schränke bieten kein ideales Gehege, da die Belüftung schlecht ist, sich Nässe staut, die Schränke nicht tief genug sind, oder die Meerschweinchen keinen direkten Zugang zum Auslauf haben. Selbst bauen kann man ein Gehege am besten aus Massivholz- oder Spanplatten. Wenn ein bis zwei Wände aus Plexiglas bestehen, hat man ein freundliches und zugleich auch dekoratives Zuhause für seine Meerschweinchen. Der Boden sowie die Wände sollten bis auf eine Höhe von 25 cm wasserdicht versiegelt sein (z.B. mit PVC-Belag), damit kein Urin durchsickert. Die Tiere dürfen den Belag allerdings nicht annagen. Damit die Tiere ihren Auslauf selbständig erreichen können, sollte dieser über eine Tür mit dem Gehege verbunden sein.


Ein selbst gebautes Innengehege kann so schön sein! Ein selbst gebautes Innengehege kann so schön sein!



Das Gehege sollte mehrere dunkle Unterschlupfmöglichkeiten bieten, die der Anzahl der Tiere angepasst sind, denn Meerschweinchen wollen nicht dicht gedrängt ruhen. Die Ruheplätze kann man gut im hinteren Bereich des Geheges platzieren, im vorderen Bereich sollte dagegen ausreichend Platz zum Laufen vorhanden sein. Eine Distanz von mindestens 1,50 m sollte ein Meerschweinchen ohne Hindernisse im Gehege zurücklegen können. Wählt man Häuser als Unterschlupfmöglichkeiten, sollten diese ausreichend groß sein (mindestens 35 x 35 cm) und neben einem Vordereingang zwei Seiteneingänge bieten, damit ein rangniederes Tier immer Fluchtmöglichkeiten hat. Fensterlöcher bei gekauften Häusern stellen eine Gefahrenquelle dar und sind unnötig; außerdem sollten die Häuser Flachdächer besitzen, da sich Meerschweinchen gerne auf Aussichtsplattformen setzen. Korkröhren und waagerecht im Gehege angebrachte Bretter sind Versteckmöglichkeiten, die von Meerschweinchen gerne angenommen werden. Zweige, Wurzeln, Steine, Holzbrücken und Kuschelröhren im Gehege bieten zusätzlich Abwechslung, wobei natürlich auf die Verwendung ungiftiger Materialien geachtet werden muss.

Eigenbau aus Songmics Regalen - es geht auch ohne Käfig!





Und so könnte ein Gehege im Garten aussehen:


 

 

Es geht auch draußen im Garten!


Kleiner Einblick in unser Gehege


















Irrtum Nr. 3: Meerschweinchenböcke müssen einzeln gehalten werden


Dieses Gerücht hält sich hartnäckig, ist aber absoluter Unsinn, denn man kann natürlich einen kastrierten Meerschweinchenbock mit mehreren Weibchen zusammen halten. Solche Haremsgruppen entsprechen der natürlichen Gruppenzusammensetzung bei wilden Meerschweinen. Ein Bock sollte mit mindestens zwei Weibchen vergesellschaftet zusammenleben, da ein einzelnes Weibchen durch die ständigen Annäherungsversuche eines Böckchens sonst schnell überfordert wäre.

Mehrere Böcke mit mehreren Weibchen zusammen zu halten funktioniert nur selten und sollte - wenn überhaupt - nur von sehr erfahrenen Haltern versucht werden. In unserer Auffangstation werden mehrere kastrierte Böcke mit mehreren Mädchen zusammen gehalten. Dies funktioniert problemlos und wir haben eine sehr harmonische Gruppe. Es funktioniert aber nur deshalb so gut, weil wir den Tieren mehrere Unterschlupfmöglichkeiten und viel Auslauf bieten. Ist also nicht für Nachahmungszwecke geeignet. Reine Bockgruppen kann man dagegen meist ohne Probleme zusammen halten. Dabei macht es nicht unbedingt einen Unterschied, ob die Böcke kastriert sind oder nicht, denn auch kastrierte Tiere zeigen oft das typische Verhalten der nicht kastrierten Meerschweinchenböcke. Eine Verhaltensänderung eines kastrierten Bocks im Vergleich zu einem unkastrierten Tier zeigt sich allenfalls bei einem Bock, der bereits vor der Geschlechtsreife kastriert wurde, das heißt vor der vierten Lebenswoche oder bei einem Gewicht von ungefähr 220 bis 250 g. Die Kastration der Böcke ist aber kein Garant für ein harmonisches Zusammenleben, denn Böcke, die sich unkastriert nicht mögen, werden sich auch nach einer Kastration nicht vertragen. Wenn man sich für die Haltung einer Bockgruppe entscheidet, ist es am einfachsten, überhaupt keine weiblichen Tiere zusätzlich zu halten, da die Böcke keinerlei Kontakt mit den Weibchen haben dürfen.


Optimal ist eine Gruppe mit einer geraden Anzahl von Böcken, also 4, 6, 8 Tiere usw., da auch Meerschweinchenböcke Paarbindungen eingehen. 

Die wichtigste Regel bei der Haltung von Bockgruppen: Die Tiere benötigen sehr viel Platz, um sich aus dem Weg zu gehen! 1 m² pro Tier ist Pflicht, nach Möglichkeit sollte es aber mehr sein. Die Tiere müssen sich überall im Gehege und in jeder Situation ausweichen können. Etagengehege sind somit für reine Bockgruppen nicht geeignet, da sich die Böcke oft an den engen Rampen begegnen, und es dort zu Streitereien kommen kann. Auch Häuser bieten Konfliktpotenzial, wenn sich zwei Böcke darin begegnen. Deshalb sollten als Unterschlupf lieber große Bretter angebracht werden. Auch breite Röhren mit beidseitigen Öffnungen bieten Abwechslung und Versteckmöglichkeiten. Futter- und Wasserstellen sollten mehrfach vorhanden sein, um Streitereien zu vermeiden.




Irrtum Nr. 4: Meerschweinchen brauchen Trockenfutter/Pellets

Ein ausgewachsenes, gesundes Meerschweinchen benötigt kein Trocken- bzw. Kraftfutter. Ein Großteil der handelsüblichen Futtersorten enthält zu viel Zucker und Fett und ist zudem schwer verdaulich. Fertigfutter sind stark getreidehaltig und sorgen bei durchgehender Aufnahme für Übergewicht und Verfettung. Außerdem fördern Pellets den Zahnabrieb nicht, dies kann nur durch die Fütterung von Heu und Zweigen erreicht werden.

Die Wildform der Meerschweinchen frisst in Peru hauptsächlich Gräser, Kräuter, Blätter oder Rinde; ist also an karge Kost angepasst. Auch die Ernährung des Hausmeerschweins sollte sich daran orientieren. Natürlich ist es nicht zu jeder Jahreszeit und an jedem Standort möglich, die Tiere ständig mit Gras und Wildkräutern zu versorgen; man sollte den Tieren aber - nach kurzer Eingewöhnung - so viel Grünzeug wie möglich anbieten. Frisches Heu muss immer zur Verfügung stehen. Auch Gemüse muss mehrmals täglich gefüttert werden. 
Da Meerschweinchen kein Vitamin C speichern können, sollte man auf vitaminreiche Gemüse wie beispielsweise Fenchelknollen, Gurken, Endivien, Brokkoli und Paprika zurückgreifen. Unverträglich sind unter anderem Zwiebel- und Lauchgewächse, Hülsenfrüchte, die meisten Avocado-Sorten, Steinobst, exotische Früchte und scharfe Gemüsesorten wie Radieschen.


So macht gemeinsam fressen Spaß! Gemüseparty bei uns am Abend . . .



Irrtum Nr. 5: Meerschweinchen werden gerne herumgetragen

Immer wieder hört man die Aussage, Meerschweinchen würden sich mehr an Menschen binden als Kaninchen, seien verschmuster und wären deshalb auch gut für Kinder geeignet. Das Gegenteil ist der Fall. Meerschweinchen kuscheln fast nie miteinander und mögen es auch in der Regel nicht, von Menschen angefasst zu werden. Natürlich kann man Meerschweinchen an den Kontakt zu Menschen gewöhnen, aber es hängt vom Charakter des jeweiligen Tieres ab, ob das Meerschweinchen es irgendwann genießt (meist während des Fressens) am Ohr gekrault zu werden, oder ob es sein ganzes Leben lang eher zurückhaltend bleibt.

Selbst zahme Meerschweinchen, die gerne Futter aus der Hand nehmen, werden es nie mögen, hochgehoben und getragen zu werden. Meerschweinchen sind Fluchttiere und fühlen sich in der Hand oder auf dem Arm ihres Halters generell unwohl. Wenn ein Meerschweinchen hochgehoben und beispielsweise von Kindern gekuschelt wird, verfällt es zuerst in eine Art Schreckstarre. Nach einer gewissen Zeit wird es sich ducken und lang machen, und viele Halter nehmen dann an, dass das Tier die Streicheleinheiten genießt. Doch es handelt sich dabei um eine Unterwerfungsgeste, die ein unterlegenes Meerschweinchen bei Rangordnungskämpfen nutzt, um zu zeigen, dass es den Artgenossen als ranghöheres Tier akzeptiert hat. Das heißt, ein Meerschweinchen versucht einen streichelnden Menschen mit diesem Verhalten zu beschwichtigen; es will zeigen, dass es sich völlig unterworfen hat. Wird es dennoch weiter gestreichelt, hat das Tier enormen Stress, was sich auch an seinem stark erhöhten Herzschlag erkennen lässt. 
Oft fangen die Tiere dann auch leicht an zu brummen, eine Lautäußerung, die im Umgang mit Artgenossen ebenfalls genutzt wird, um das Gegenüber bei Auseinandersetzungen zu beruhigen. Die genannten Verhaltensweisen sind also keineswegs ein Zeichen für Entspannung oder positive Gefühle des Meerschweinchens, sondern allesamt Anzeichen von Stress.


Glückliches Schweinchen?


 
 
 
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